Interview mit Gerhard Schürmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Emil Frey Gruppe: «Die Frage ist: Lässt sich mit den neuen Mobilitätsformen auch Geld verdienen?»

Interview mit Gerhard Schürmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Emil Frey Gruppe: «Die Frage ist: Lässt sich mit den neuen Mobilitätsformen auch Geld verdienen?»

30. November 2015 agvs-upsa.ch – Herr Schürmann, an der AGVS-Tagung 2016 werden Sie als Vertreter der Garagisten an einer Diskussionsrunde im Rahmen des «Dîner des Garagistes» zusammen mit Importeuren und Zulieferer teilnehmen. Eine der Fragen wird mit Sicherheit jene sein, wie Sie mit dem Geschäftsgang 2015 aus Sicht der Emil Frey Gruppe zufrieden sind.
Gesamthaft kann unsere Gruppe dieses Jahr die geplanten Absatzvolumen in der Schweiz erreichen. Wir haben aber etwas Marktanteile verloren, denn wir haben Anfang Jahr nicht mit einem so stark wachsenden Markt gerechnet. Die Rentabilität ist durch die Währungsverschiebungen unter Druck geraten und Neuwagen und Gebrauchtwagen mussten, vor allem in der ersten Jahreshälfte, mit ungewöhnlich tiefen Margen verkauft werden.

Ganz im Einklang mit der Politik Ihrer Unternehmung halten Sie sich mit öffentlichen Auftritten sehr zurück. Wie würden Sie sich beschreiben, wenn jemand fragt: Wer ist Gerhard Schürmann?
Ich bin ein optimistischer Mensch, Familienvater. Ich bin überzeugt, dass ich als Einzelner den Unterschied machen kann und mit Hartnäckigkeit auch anspruchsvolle Ziele erreiche. Obwohl ich als Unternehmensleiter tätig bin, stehe ich lieber im Hintergrund. Dank meiner Körpergrösse behalte ich trotzdem den Überblick.

Was war für Sie als Vorsitzender der Geschäftsleitung der Emil Frey Gruppe die grösste Herausforderung im laufenden Jahr?
Für das Tagesgeschäft der Gruppe habe ich zum Glück sehr viele gute Mitarbeitende, die mir die schwierigsten Aufgaben abgenommen und diese im Sinn des Unternehmens gelöst haben. Eine interessante Entscheidung war nach dem 16. Januar 2015 zu fällen. Wie reagiert unsere Gruppe auf die Währungsverschiebungen? Wir haben uns gemäss unserer Unternehmensphilosophie entschieden, es jedem Unternehmen unserer Gruppe in der Schweiz selber zu überlassen, was in seiner Situation die beste Antwort auf diese Währungs-Herausforderung ist. Das setzt grosses Vertrauen in die Mitarbeitenden voraus und gute Kontrollmechanismen im Hintergrund. Die Entscheidung war richtig.

Wenn Sie das Autojahr 2015 Revue passieren lassen: Was waren aus Sicht der Automobilwirtschaft Höhe- und Tiefpunkte?
Für mich sind die neuen Modelle immer die Höhepunkte. Auch ein wachsender Gesamtmarkt macht Freude, zeigt er doch die ungebrochen wichtige Stellung des Automobils in unserer Gesellschaft. Zu den Tiefpunkten gehörten für mich die Beziehung der Politik zur Automobilbranche und die negative Haltung der Behörden gegenüber dem privaten Individualverkehr. Dieses schwierige Verhältnis wird dieses Jahr noch zusätzlich durch manipulierte Emissionswerte belastet, was die öffentliche Wahrnehmung und die Reputation aller Branchenmitglieder beschädigen kann.
 
Wo sehen Sie aus Ihrer Warte für das Autogewerbe die grössten Herausforderungen in den kommenden Jahren?
Politisch muss es uns gelingen, durch gute Zusammenarbeit und die Mobilisierung aller Partner, die Milchkuhinitiative und die zweite Röhre am Gotthard bei den Volksabstimmungen durchzubringen. Geschäftlich stehen wir vor der Herausforderung, den Spagat zwischen Herstellervorgaben für den Handel und den schnell wechselnden Kundenwünschen und Marktbedingungen für uns als Unternehmer profitabel zu gestalten.

Die Rolle des Garagisten entwickelt sich tendenziell immer stärker auch in Richtung «Mobilitätsberater». Wie sehen Sie das persönlich?
Waren wir Garagisten nicht immer schon «Mobilitätsberater», dem Kunden für seine Mobilitätsbedürfnisse das richtige Automobil zu empfehlen? Durch die neuen Technologien sind auch neue Angebote entstanden, welche der Kunde konsequenterweise nutzen möchte. Ein einzelner Garagist hat aber nicht die Möglichkeiten, für seine Kunden auf diese neuen Nutzungsformen zuzugreifen. Das geht nur im Verbund innerhalb der Marken auf der Basis einer Initiative des Herstellers/Importeurs oder allenfalls auch unter dem Schirm des AGVS. Die entscheidende Frage ist aber: Lässt sich mit diesen «neuen Mobilitätsformen» auch Geld verdienen oder sind viel Angebote kurzlebige, zum Teil politisch motivierte Spielereien?

Was erwarten Sie vom Tag der Schweizer Garagisten 2016?
Neue Branchenkollegen kennen lernen, Kontakte auffrischen, durch die Diskussionen Anregungen erhalten. Einigkeit der Branche stärken.

Der «Tag der Schweizer Garagisten» 2016 ist schon jetzt ein Erfolg: Die Tagung ist bereits ausgebucht. Anmeldungen ab diesem Zeitpunkt nimmt der AGVS auf eine Warteliste. Alle Informationen zur Tagung finden Sie hier.
  

 
Die Vorbereitungen laufen: Die Moderatoren Melanie Freymond (v. r.) und Patrick Rohr werden von AGVS-Zentralpräsident Urs Wernli gebrieft.
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