«Jeder Konkurs ist einer zu viel»

«Jeder Konkurs ist einer zu viel»


23. Juli 15 agvs-upsa.ch – Im ersten Halbjahr 2015 stieg die Zahl an Konkursen in der Schweiz erneut an. Besonders schlimm hat es das Autogewerbe betroffen. AGVS-Betriebe hat es laut Zentralpräsident Urs Wernli keine darunter. Er vermutet die Ursache primär im After-Sales- Bereich und weist darauf hin, dass die Rentabilität im Autogewerbe laufend sinkt. 

Herr Wernli, die Konkurswelle hat im ersten Halbjahr 2015 das Autogewerbe am heftigsten erfasst. Warum glauben Sie, dass das so ist?
Urs Wernli: Zuerst einmal bin ich sehr froh, dass keiner unserer AGVS-Betriebe darunter ist. Das haben unsere Recherchen ergeben und FIGAS, unser Treuhandpartner, hat uns das ebenfalls bestätigt. Wir gehen davon aus, dass für viele dieser Konkurse primär der After-Sales-Bereich verantwortlich ist. Offenbar sind diese oftmals kleinen und Kleinstbetriebe zunehmend zu wenig ausgelastet, was sicher auch damit zu tun hat, dass die Fahrzeuge dauerhafter gebaut sind und in der Tendenz damit auch weniger Reparaturbedarf haben. Weniger Reparaturbedarf bedeutet als Konsequenz weniger verrechenbare Stunden, weniger Ersatzteile, weniger Marge. Ein Teufelskreis.

Hinter jedem Konkurs stehen Einzelschicksale – was geht Ihnen da persönlich durch den Kopf?
Urs Wernli: Natürlich ist jeder Konkurs einer zu viel und ich bedaure all die Einzelschicksale, die hinter einem solchen Schritt stehen. Ich bin sicher, dass da viele Unternehmer darunter sind, die ihr ganzes Herzblut im Betrieb hatten und deshalb bereit waren, den Betrieb so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, unabhängig davon, ob er noch rentiert oder nicht. Davor habe ich grössten Respekt. Genau so grossen Respekt habe ich aber auch vor Unternehmern die erkennen, wann der Zeitpunkt gekommen ist, aufzuhören, weil es einfach nicht mehr geht. Mir tut das sehr leid für jeden, dem dies wiederfährt.

Wie kann der AGVS seinen Mitgliedern in so einer Situation helfen?
Urs Wernli: Allein am Umstand, dass unter den Konkursen kein AGVS-Betrieb ist, lässt sich ablesen, dass wir bereits im Vorfeld alles in unserer Macht stehende tun, damit es nicht soweit kommt. Wir haben mit der FIGAS einen Partner, der in sehr vielen Bereichen hilft, Frühwarnsysteme zu aktivieren, ich denke da namentlich an das Garagenerfolgswerkzeug, ein Instrument, das rasche Orientierungshilfe in den Bereichen Budget und Finanzanalyse bietet.

Wie früh muss jemand um Hilfe rufen, bzw. was muss jemand tun, damit es nicht soweit kommen muss?
Urs Wernli: Generell gilt: besser zu früh als zu spät. Die FIGAS publiziert ja jedes Jahr den Branchenspiegel, ein hervorragendes Instrument, mit dem der einzelne Garagist sehr rasch feststellen kann, wo er im Branchenvergleich steht. Sieht er Handlungsbedarf, so sollte er sich umgehend mit der FIGAS in Verbindung setzen.

Müssen wir damit rechnen, dass das so weitergeht oder sehen Sie Anlass zu Hoffnung?
Urs Wernli: Es ist leider eine Tatsache, dass die Profitabilität im Garagengewerbe laufend zurück geht. So sank der Bruttogewinn im Neuwagengeschäft im vergangenen Jahr auf durchschnittlich 8,9%, im Occasionenhandel stieg er zwar etwas an, von 4,6 auf 5,6%, aber er lag vor vier Jahren noch deutlich über sechs Prozent. Die rückläufige Tendenz erkennt man übrigens auch am Cash Flow, also den selbst erarbeiteten Mitteln. Dieser lag im vergangenen Jahr gerade noch bei 1,5%, vier Jahre vorher lag er aber noch klar über zwei Prozent. Das ist sehr unbefriedigend und offen gestanden auch gefährlich. Aus diesem Grund ist eine stattliche Anzahl an Betrieben in die Verlustzone geraten. Wir hoffen, dass sich die Situation dieses Jahr mindestens stabilisiert, behalten die Situation aber permanent im Auge.

Hier gibt's Hilfe!
Die aktuellen Zahlen von Bismode D&B betreffen ausschliesslich Garagen- und Händlerbetriebe ausserhalb des AGVS. Wer aber trotzdem genau wissen möchte, wo sie oder er betriebswissenschaftlich steht, sollte das „FIGAS-Garagenerfolgswerkzeug“ konsultieren, ein Instrument, das rasche Orientierungshilfe bietet. Mehr dazu finden Sie hier.

Garagengewerbe besonders von Konkursen betroffen
Im ersten Halbjahr 2015 stieg die Zahl an Konkursen in der Schweiz erneut an. Die 2239 Insolvenzeröffnungen entsprechen einem Anstieg von fünf Prozent – besonders schlimm hat es das Autogewerbe getroffen. Allerdings: Es sind keine AGVS-Betriebe darunter.  

Wie das vergangene so zeigt sich auch das aktuelle Jahr nicht als das Beste für die Wirtschaft, zumindest wenn man die soeben vom Wirtschaftsinformationsdienst Bisnode D&B publizierten Zahlen von Konkursen als Massstab nimmt: Der (erneute) Anstieg von 5% verteilt sich allerdings geografisch und bezogen auf die Branchen sehr unterschiedlich. Am härtesten traf es Firmen aus dem Autogewerbe: mussten im ersten Halbjahr 2014 noch 47 Insolvenz-Eröffnungen registriert werden, so waren es im ersten Halbjahr 2015 bereits 81, was einer Steigerung von 72% entspricht. Nach Recherchen des AGVS sind jedoch keine seiner Betriebe darunter.

Nicht annähernd, aber ebenfalls schlimmer erwischt hat die schleppende Konjunktur auch Architekturbüros (+18%), Firmen für Informatikdienstleistungen (+13%) sowie das Handwerk (+10%). Geografisch am schwersten betroffen waren im ersten Halbjahr 2015 die beiden Halbkantone Appenzell, der Kanton Schaffhausen sowie der Kanton Solothurn.

Die Kurzanalyse von Bisnode D&B zu Konkursen und Gründungen im 1. Halbjahr 2015 finden Sie hier.

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